KOLLEKTION

15.10.2013 bis 03.12.2013

Roberto Palau findet Kronkorken. – Und sammelt sie.

Kronkorken – münzgroße, metallene Getränkeverschlusskappen mit kleinen Zacken, die sich um den Hals von Flaschen legen und so das Innere vor dem Verderben bewahren. Meist schön gestaltet – zum Design, Logo, Wappen des Herstellers passend – funktionieren sie nicht nur als Teil des Gesamtobjekts Flasche. In ihrer besonderen Form können sie auch als eigenständig ästhetische Objekte wahrgenommen werden.
Dem konservatorischen Verschluss mit Getränken gefüllter Flaschen dienend sind sie jedoch nach dem Entfernen von der Flaschenöffnung ihrer Funktion und eigentlich auch ihrer Daseinsberechtigung entledigt. Das dabei notwendige Biegen zerstört ihre Form, wodurch ein Wiederverschließen der Flaschen nicht mehr möglich ist. Ohne Funktion und Nutzen gelten sie in der Regel als Abfall und landen in Mülleimern, auf Gehwegen oder in Parks – sie finden keinen Platz in den Sammlungen an Gebrauchsgegenständen. In unserer alltäglichen reizüberfluteten Sinneswelt entziehen sich die kleinen weggeworfenen Objekte meist unserer Wahrnehmung. Weit entfernt von ihrer angedachten Nutzung befinden sie sich in einem Stadium des Zerfalls und des Vergessenwerdens. „Ein Kronkorken lässt sich finden, ist verborgen nicht vor dem Auge sondern vor dem Bewusstsein. Dieser Umstand macht den Kronkorken sammelnswert.“ – so der Künstler.

Bei Palau werden alltägliche Objekte zu Artefakten. Weit weg von der ihnen zugesprochenen Bedeutung verdeutlichen sie in ihrem jetzigen Zustand den Zeitraum zwischen Sein und nicht Sein wobei sie auch eine Überwindung der Zeit darstellen. Palaus Sammlung ist kein Archiv im eigentlichen Sinn, - im Gegensatz zur öffentlichen Sammlung folgt sie weder einer gesellschaftlichen Wertung noch eines Auftrags.

Mit ihrer Aufbewahrung und Präsentation wird den an sich und nutzlos gewordenen Kronkorken jedoch neue Bedeutung zugesprochen. Wertevorstellungen werden in Frage gestellt und ein eigentümliches Moment von Anwesenheit und Abwesenheit wird evoziert: In Nutzen und Beachtung abwesend, in Material und Vergangenheit anwesend. Aspekte wie Ausschluss und Ordnung und deren unumgängliche Notwendigkeit werden hier zum Thema gemacht. Die selbstironische Handlung des Künstlers konfrontiert den Betrachter mit den historischen und gesellschaftlichen Dimensionen des Sammelns und Archivierens.

Roberto Palau

in Stralsund geboren
BA KulturGestaltung in Schwäbisch Hall
lebt in Braunschweig

Ausstellungen

2005 „Atempause“ Karlsruhe
2006 „Kunstrasen“ Gotha
2008 „der Laden“ Schwäbisch Hall
2009 „my face your space“ Schwäbisch Hall